Klinikseelsorge: Abschied und Begrüßung

Seelsorge ist eine Herzensangelegenheit für Hildegard Lauerer. Eine Berufung. Und noch mehr: „Mit Menschen in besonderen Momenten und Lebenssituationen in Berührung zu kommen, oft spannende und überraschende Gespräche zu führen, aber auch Halt zu geben und als objektive Person für die Patienten und Patientinnen da zu sein – das ist für mich eine echte Ehre.“

Hildegard Lauerer war zehn Jahre lang mit ganzem Herzblut als Katholische Seelsorgerin am Klinikum Landsberg tätig. Jetzt will sie sich einen Traum erfüllen und ein Sabbatjahr nehmen, in dem sie Alaska und Kanada bereisen und in Patagonien wandern gehen möchte. „Ein Jahr lang einfach frei sein“, darauf freut sie sich.

Im Gespräch erzählt sie von ihrer Arbeit als Klinikseelsorgerin in Landsberg und stellt auch gleich ihren Nachfolger vor: Siegfried Aßmann hat am 1. September ihre Aufgabe am Klinikum übernommen.

Schöne und traurige Momente

Eine Momentaufnahme hat Hildegard Lauerer nie vergessen: „Das Gesicht des Vaters bei der glücklichen Geburt seines Sohnes, nachdem die Erstgeborene tot geboren werden musste – und der Blick der Ehefrau auf ihren Mann.“ Momente wie diese berühren und erfüllen die Klinikseelsorgerin. Und es sind eben diese Momente, die ihren Wunsch, Seelsorgerin am Klinikum zu werden, untermauert haben, wie sie sagt.

Geboren in Oberammergau und in Apfeltrach im Unterallgäu aufgewachsen, wusste die heute 58-Jährige nach einem sozialen Jahr in Brasilien, dass sie gerne Theologie studieren wollte. Das tat sie dann auch   und fungierte anschließend als Seelsorgerin für die Diözese Augsburg.

Nach ihrem späteren zweiten Studium fürs Lehramt und drei kurzen Jahren in der Buchloer Realschule war der Wunsch, wieder in die Seelsorge zurückzukehren, groß – da kam die frei gewordene Stelle am Klinikum Landsberg vor zehn Jahren sehr recht, erinnert sich Hildegard Lauerer. Fortan kümmerte sie sich als sehr engagierte Seelsorgerin um die Patienten und Patientinnen des Klinikums und der kbo-Lech-Mangfall-Klinik im vierten und fünften Stock des Hauses (Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik).

Immer ansprechbar sein

Ihre Hauptaufgabe: „Ansprechbar zu sein, wenn jemand ein Gespräch sucht, und zwar in allen Bereichen, für die Intensivstation bis zur Psychiatrie, für Schwerstkranke bis zu den Ärzten und Pflegekräften, oder einfach nur für Menschen, die jemanden außerhalb der Familie zum Reden suchen.“ Dabei hat sie immer das Prinzip der Klinikseelsorge eingehalten: „Ich komme nie mit einer Vorgabe, in welche Richtung das Gespräch gehen soll, ich rede nicht über Religion, wenn die Leute das nicht wünschen. Ich frage immer erst auch mich selbst: bin ich hier willkommen?“

Auf diese Weise betrat die studierte Diplomtheologin und Pastoralreferentin Hildegard Lauerer jeden Tag im Klinikum immer wieder „eine neue Welt“, eine immer andere Atmosphäre in den Patientenzimmern. Und oft überraschten sie die Gespräche, die sich dann entwickelten. „Manchmal geht es auch nur um Fußball, leider selten um meinen leidgeplagten Club Werder Bremen. Oder man lacht einfach zusammen. Das Thema bestimmen immer die Menschen, auf die ich treffe, und die suchen sich den Moment der Seelsorge völlig frei aus. Manchmal erfährt man in diesen Gesprächen auch Geheimnisse, die sich jemand von der Seele reden möchten“, berichtet sie.

Natürlich gibt es aber auch viele herausfordernde, traurige, schmerzhafte Momente. „Man muss sehr feinfühlig sein. Manchmal ist es schon eine große Herausforderung“, sagt die erfahrene Seelsorgerin über das Verkraften solcher Geschehnisse. Gerade bei Sterbenden verlange der Beruf viel von einem ab. „Aber gerade in diesen Situationen spüre ich die Würde des Moments, ziehe mich auch immer wieder zurück, wenn Angehörige allein sein wollen und kann danach ein Ritual leiten, wenn das erwünscht ist.“

Besonders geschätzt hat Hildegard Lauerer die Arbeit in der Psychiatrie, wie sie weiter berichtet. „Es beeindruckt mich, wie Menschen so viel Geduld und Mut mitbringen, um ihre Krankheit zu besiegen; wie sie das Ziel vor Augen haben, sich wieder aufrichten zu können und den Heilungsprozess zuzulassen.“

Als Klinikseelsorgerin war ihr immer wichtig, zu sagen: „Seelsorge ist nichts Exklusives. Es ist ein Da-Sein in der Krise – oft einfach im stillschweigenden Vertrauen auf Gott.“ Nach ihrem Sabbatjahr wird Hildegard Lauerer, die in Augsburg wohnt, wieder zurückgehen in die Klinikseelsorge, nur an anderer Stelle.

Offene und liebenswürdige Mitarbeiter

Besonders gerne denkt sie zu ihrem Abschied aus Landsberg an Pfarrer Adelhelm Bals zurück, der der „heimliche Klinikpfarrer ist“, und an die Offenheit und Liebenswürdigkeit der Mitarbeitenden – „das war total schön für mich“, sagt sie. Ein letzter Gruß geht an „meine“ Klinikkapellengemeinde, so sagt sie, an die Leute, die treu jeden Samstag mit den und für die Kranken die Eucharistie mitfeiern. Darauf können die Kranken setzen.

Gut versteht sich Hildegard Lauerer auch mit ihrem Nachfolger Siegfried Aßmann, der ihre Funktion ab September am Klinikum Landsberg übernehmen wird. Der 54-Jährige kommt ursprünglich aus Beckum bei Münster in Westfalen, wohnt aber seit 2007 mit seiner Frau und drei Kindern in Mindelheim. Er hat Diplom-Theologie in Augsburg studiert, eine Ausbildung zum Pastoralreferenten absolviert, ist katholischer Religionslehrer im Kirchendienst und leitete viele Jahre Ausbildungen und Fortbildungen im Religionspädagogischen Seminar des Bistums Augsburg.

Gesundheit und Beruf unter einem Hut

„Ich habe das alles sehr gern gemacht und in diesen Aufgabenfeldern sehr viel mit Menschen zu tun gehabt, mit jungen und älteren“, berichtet Siegfried Aßmann. Es waren gesundheitliche Gründe, die ihn zur Veränderung bewegten, und auf die neue Aufgabe im Klinikum Landsberg freut er sich nun sehr. „Das ist Motivation und Anstoß für mich. Im Klinikum sitze ich nicht mehr so viel, bewege mich mehr. Denn ich muss wegen meiner Krankheitsgeschichte mehr auf mich achten.“ Zudem bemerkte Siegfried Aßmann während eigener Klinik- und Reha-Aufenthalte, dass ihm die zwischenmenschlichen Gespräche dort sehr wichtig waren. Es herrsche eine große Solidarität zwischen den Erkrankten, man habe viele gemeinsame Themen entdeckt. „So ein Klinikum ist wie eine Schule ein entscheidender Ort für Menschen. Eine Klinik soll und kann ein Ort der Heilung sein. Ich kann aus eigener Erfahrung nachvollziehen, wie es jemandem in einer gesundheitlichen Krise geht. Daher freue ich mich auf die Klinikseelsorge. Es reizt mich, Gesundheit und Beruf(ung) unter einen Hut zu bringen. Im Klinikum Landsberg durften meine Frau und ich übrigens bereits etwas ganz Besonderes erleben: Hier ist unsere Tochter Rosalia zur Welt gekommen.“

Ab September ist Siegfried Aßmann nun in Vollzeit als Klinikseelsorger in Landsberg tätig. Ebenso wie Hildegard Lauerer ist er für die Patienten und die Mitarbeiter des Klinikums und der kbo-Lech-Mangfall-Klinik als Ansprechpartner da. Ihm zur Seite steht wie bisher auch die evangelische Pfarrerin Bia Ritter.