Shabnam Kaffash und Aida Karamvand schauen sich an und lächeln wehmütig: „Zuhause bedeuten unsere Vornamen ‚Tautropfen‘ (Shabnam) und ‚Mond‘ (Aida)“, erzählen sie. Man sieht ihnen an, dass sie in diesem Moment ihre Heimat, den Iran, und vor allem ihre Familien dort, vermissen. Dennoch haben sie es nicht bereut, nach Deutschland zu kommen. Seit August 2024 sind die beiden hier und starteten am 1. September ihre dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau an der Berufsfachschule (BFS) für Pflege am Klinikum Landsberg.
Im Kurs 57 begrüßten sie Schulleiter René Leisten, das Lehrer- und Praxisanleiterteam gemeinsam mit 19 weiteren Schülerinnen und Schülern an der BFS zum Ausbildungsstart. Shabnam und Aida hatten sich unabhängig voneinander online beworben und lernten sich erst in Landsberg kennen. Beim Interview auf der Station 3B, wo sie an diesem Tag ihren praktischen Dienst tun, wird klar, dass sich die beiden Frauen aus ähnlichen Gründen dafür entschieden haben, den Iran zu verlassen, sich aber auch aufgrund der sich nun zuspitzenden politischen Lage große Sorgen um ihre Familien machen. Und dass die Umstellung, in einem anderen Land neu anzufangen, nicht leicht ist.
Aida Karamvand ist 23 Jahre alt, studierte nach dem Abitur Zahnmedizin und sagt: „Für Frauen ist es im Iran sehr schwer. Trägt man kein Kopftuch, kommt sofort die Polizei. Es ist alles sehr streng dort und vor allem gegenüber uns Frauen nicht fair.“ Ihre Eltern sind im Iran geblieben. Sie telefonieren so oft es geht.
Genauso ist es bei der 41-jährigen Shabnam Kaffash. Auch sie vermisst ihre Eltern. Doch auch sie wollte nach Deutschland kommen, in der Hoffnung auf mehr Freiheit, Gleichberechtigung und größere Chancen: „Im Iran war ich Landwirtschafts- und Gartenbauingenieurin. Das gefiel mir sehr, der Beruf machte mir viel Freude, aber ich bekam nur ein sehr niedriges Gehalt. Es ist alles sehr schwierig dort, besonders für Frauen.“
Mit der Unterstützung ihrer Eltern gingen die beiden nach Deutschland. „Hier ist es schön, ich liebe Deutschland, aber es ist auch eine große Umstellung“, sagt Shabnam. Und Aida ergänzt: „Das Abitur meiner Heimat zählt in Deutschland nicht – ich möchte unbedingt auf eigenen Beinen stehen.“
Wie Schulleiter René Leisten dazu erklärt, entschieden sich die beiden hier für die dreijährige Pflegeausbildung. Der Start war zunächst etwas holprig, denn „der Pflegeberuf ist hier anders, als im Iran, die Aufgaben sind unterschiedlich“, sagt Shabnam. Im Iran sei es zum Beispiel üblich, dass die Angehörigen der Patienten aktiv an der Pflege im Krankenhaus beteiligt sind.
Und es kamen zu Beginn noch ein paar Stolpersteine hinzu, die es zu bewältigen galt. „Hier hat uns besonders Herr Leisten sehr geholfen“, betonen die beiden Frauen dankbar.
Der Schulleiter zählt auf, wo die beiden Hilfe unter anderem vonseiten der Schule und des Klinikums benötigten: Wohnraum in Landsberg muss gesucht werden – derzeit leben Aida und Shabnam im Wohnheim des Klinikums. Die Schule unterstützte die beiden zum Beispiel auch aktiv bei der Anmeldung im Bürgeramt, bei der Beschaffung der Bankkarte und der Steuer-ID.
Weitere Hilfe gab es bei einem zusätzlichen Deutschkurs über Kolping (der Antrag ist gerade in der Bearbeitung) und durch die Integrationsbeauftrage der Stadt Landsberg, die extra in die Klasse eingeladen wurde. Auch das Klinikum hat (wie bereits berichtet) mit Andrea Fulova eine eigene Integrationsbeauftragte im Haus, die selbst weiß, wie es ist, aus einem anderen Land zu kommen – und auch, wie Integration gut gelingen kann.
„Und damit das Miteinander in der Klasse, unter den Schülerinnen und Schülern, so gut wie möglich funktioniert, brachen wir gleich im September, kurz nach Ausbildungsstart, alle gemeinsam zur Teambuilding-Maßnahme nach Grainau auf“, berichtet Schulleiter René Leisten.
Wichtig sei es vor allem, immer viel miteinander zu sprechen, nicht nur über die Ausbildung am Klinikum, sondern auch über alltägliche Sorgen und Nöte.
Trotz mancher Hürden, trotz Heimweh und anfänglicher Sprachbarrieren haben die beiden Frauen ihren Schritt, nach Deutschland zu kommen und an der Berufsfachschule für Pflege die Ausbildung zu starten, nicht bereut, wie sie sagen: „Wir möchten hier arbeiten und leben, es gefällt uns gut und viele Menschen sind sehr, sehr nett.“ Einiges werde sich sicher erst nach und nach einspielen, das sei aber ganz natürlich.
In der deutschen Sprache kommen sie inzwischen gut zurecht – so gut sogar, dass Shabnam Kaffash lachend verrät: „Mein Nachname heißt übrigens auf Deutsch ‚Schuhmacher‘!“