Kalt ist es an diesem Freitagabend. In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) des Landsberger Klinikums herrscht gegen 19 Uhr Hochbetrieb. Plötzlich geht eine Alarmierung ein: „Ein Zug hat bei St. Ottilien ein Auto erfasst – 18 Personen involviert, 4 lebensbedrohlich Verletzte“, teilt der Leitende Notarzt Dr. Wolfgang Weisensee mit. Ein Schockmoment. Von einem „Massenanfall von Verletzten“ (MANV) ist die Rede. Zum Glück ist alles nur eine Großübung für den Ernstfall.
In St. Ottilien ist ein Großaufgebot an BRK-Rettungskräften, Notärzten, Feuerwehren des Landkreises, Polizei, Schnelleinsatzgruppen (SEG) etc. im Einsatz. Alles wird im Katastrophenszenario so realitätsnah wie möglich nachgestellt, inklusive aller Unfallbeteiligten (Statisten).
Inzwischen muss auch in der Landsberger Notaufnahme (bzw. beim Übungsteam) ein Rad ins andere greifen, und zwar SOFORT, denn die Rettungswagen werden schon bald die ersten vier lebensbedrohlich Verletzten hierher bringen, die versorgt werden müssen.
Für die Übung rüstet sich ein Team aus Ärztinnen, Ärzten und ZNA-Pflegekräften, um Leben zu retten. Der Ablaufplan vom Normal- in den Notfallbetrieb muss perfekt sitzen. Alles wird so durchgespielt und koordiniert, wie es im Ernstfall ablaufen müsste, ohne dabei aber den echten Betrieb in der Notaufnahme an diesem Abend zu stören.
Welche Ärzte und Pflegekräfte müssten im echten Ernstfall hinzugeholt werden? Wo gibt es freie Betten-, Personal-, Raum- und OP-Kapazitäten bzw. wo müssten welche geschaffen werden? Welche technische/medizinische Ausrüstung wird benötigt? Wer koordiniert die ganze Notfallsituation? Anhand eines Notfallboards wird all dies schon eine Stunde vor Beginn der Übung im Büro des Zentralen Notfallkoordinators, Dr. Simon Martin Heinz, im kleinen (eingeweihten) Kreis bis ins kleinste Detail geklärt und durchgegangen. Die verschiedenen Fachbereiche, die für den Einsatz benötigt werden, bekommen unterschiedliche Farbcodes, damit im Notfall jeder sofort weiß, wer wohin muss und für welche Tätigkeit. Denn dann zählt jede Sekunde, alles muss perfekt funktionieren.
19.15 Uhr: Angespannt wartet das Übungsteam des Klinikums samt medizinischer Ausrüstung (Sono, Umlagerungsliegen etc.) in der Kälte vor der Notaufnahme auf die erste lebensbedrohlich verletzte „Patientin“, alles ist für diesen extremen Notfall vorbereitet. Die echten Patienten in der ZNA sind informiert, dass draußen eine Übung stattfindet.
Um kurz nach 20 Uhr trifft der erste Rettungswagen des Bayerischen Roten Kreuzes aus St. Ottilien kommend ein. Dann geht alles sehr schnell, jeder weiß genau, was zu tun ist, um der Patientin zu helfen. Sehr schnell gehen MUSS es auch, denn die nächsten Schwerstverletzten werden bald eintreffen…
Gegen 22 Uhr ist die Übung beendet, Erleichterung macht sich breit. Im Büro des Zentralen operativen Notfallkoordinators (ZONK) Dr. Simon Martin Heinz (Chefarzt der Orthopädie) treffen sich alle an der Übung beteiligten zur Nachbesprechung. Mit dabei: Nicole Block und Andreas Schollenberger (beide ZNA), Freya Kilders und Isabelle Baumgartl (beide Assistenzärztinnen der Anästhesie). Es ist geschafft. Alles hat funktioniert, wie es soll. Der Notfallplan sitzt. Aufatmen.