Wenn der kleine Moritz später einmal nach seiner Geburt gefragt wird, dann kann er eine ganz besondere Geschichte zum Besten geben. Verzeichnet ist seine Entbindung ganz unspektakulär als Nummer 913 im Geburtenbuch 2022 des Klinikums Landsberg. Doch die Umstände seiner Geburt sind mehr als außergewöhnlich:
Der 1. September 2022 war bis zum frühen Abend ein ganz gewöhnlicher Donnerstag im Leben von Familie Beer aus Schwabbruck bei Schongau gewesen. Die schwangere Katharina erwartete ihr zweites Kind. Als Geburtstermin war der 3. September errechnet worden. Wehenbeginn war dann am 1. September gegen 17.00 Uhr abends. Eine Stunde später rief Katharina im Kreißsaal des Landsberger Klinikums an um mitzuteilen, dass sie gegen 24.00 Uhr da sein werde. Bei ihrem ersten Kind Simon hatten sich die Wehen schließlich über Tage hingezogen. Simon wurde also noch in aller Ruhe zur Oma gebracht.
Um 19.00 Uhr entschieden die werdenden Eltern dann, sich doch auf den Weg ins Klinikum zu machen; die Wehen kamen inzwischen alle fünf Minuten. Eigentlich dauert die Fahrt bei freier Strecke von Schwabbruck nach Landsberg nur etwa 25 Minuten.
Doch auf der B17 auf Höhe Unterdießen ein unerwarteter Stopp; Stau aufgrund eines schweren Verkehrsunfalles. Ein Radfahrer hatte vermutlich einen Herzinfarkt erlitten und war schwer gestürzt. Glücklicherweise war eine Notfallsanitäterin auf dem Heimweg von der Arbeit sofort zur Stelle um den Radfahrer zu reanimieren. Auch ein Intensiv-Transporter war binnen kürzester Zeit vor Ort um das Unfallopfer zu versorgen. Anschließend wurde der Verletzte mit dem Rettungshubschrauber sofort nach Murnau geflogen. Eine Autofahrerin hatte jedoch das abgestellte Fahrzeug der Notfallsanitäterin übersehen und dieses beim heftigen Zusammenstoß auf die Bahnschienen katapultiert. Der Rettungseinsatz war also in vollem Gange – während Familie Beer ganz dringend in Richtung Klinikum fahren wollte.
Am Einsatz war auch Dr. Wolfgang Weisensee, Anästhesist und Notarzt am Klinikum Landsberg beteiligt.
„Es war eine meiner spannendsten Notarzteinsätze – eine Entscheidung von Sekunden“, sagt Dr. Weisensee. Nach kurzer Absprache mit der Leitstelle und dem Einsatzleiter vor Ort (dieser Einsatzleiter trägt übrigens den Spitznamen Jesus) habe er die werdende Mama in sein Notarzteinsatzfahrzeug gepackt und mit Blaulicht – und bis zu 160 km/h in der Spitze auf freier Strecke – ins Klinikum gebracht. Telefonisch habe er währenddessen alles organisiert.
Hebamme Luisa Rost und Gynäkologin Dr. Luisa Krannich erwarteten die werdende Mama schon in der Einfahrt der Notaufnahme. Doch der kleine Moritz hatte seinen ganz eigenen Plan. Und so platzte die Fruchtblase noch im Einsatzfahrzeug unmittelbar vor der Tür der Notaufnahme.
Endlich auf der Liege wurde Katharina Beer sofort ins erste Untersuchungszimmer der Notaufnahme gebracht und nach zwei Presswehen war der kleine Moritz um 19.37 Uhr gesund auf der Welt bei seiner überglücklichen Mama. Ehemann Martin war im eigenen Fahrzeug hinterher gefahren und traf wenige Minuten nach der Entbindung im Klinikum ein. Die ganze Familie wurde dann in den Kreißsaal gebracht, wo dann der frischgebackene Papa noch in aller Ruhe die Nabelschnur durchschneiden konnte.
Katharina und Moritz Beer erholen sich nun ungestört auf der Wöchnerinnenstation im Klinikum Landsberg von den Strapazen der turbulenten Geburt.
Laut Dr. Weisensee ist der verunglückte Radfahrer gut in Murnau angekommen und die Autofahrerin, die mit dem Fahrzeug der Notfallsanitäterin kollidiert war, sei nur leicht verletzt.
Da sind wohl sehr viele Schutzengel überall mitgeflogen.