Sport mit Arthrose und Gelenkersatz? Ein klares Ja!

Haben Sie unseren Online-Vortrag „Sport und Bewegung bei Arthrose und Gelenkersatz“ verpasst? Kein Problem – in diesem Artikel finden Sie alle wichtigen Inhalte.

Dr. Steffen Vennemann, Leitender Oberarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Landsberg, hielt den Vortrag in der Reihe „Donnerstags im Klinikum“ und beantwortete am Ende gemeinsam mit Oberärztin Dr. Ann Kathrin Schnetkamp die Fragen der rund 80 Teilnehmer, die sich von zuhause aus eingeschaltet hatten.

Dr. Vennemann ist der Leiter des Endoprothetikzentrums (EPZ) am Klinikum Landsberg.
Dr. Schnetkamp ist Hauptoperateurin und Koordinatorin des EPZ.

Beide freuen sich übrigens gerade über die wieder sehr erfolgreiche Rezertifzierung des Endoprothetikzentrums.

Was bedeutet das? Jedes Jahr muss sich das Team des EPZ der strengen Überprüfung eines externen Auditors unterziehen und dabei zahlreiche Anforderungen erfüllen – gemeinsam mit dem Qualitätsmanagement des Klinikums unter der Leitung von Dana Lindell wurde diese Herausforderung nun wieder hervorragend gestemmt. Das EPZ hat mit Bravour bestanden und darf sich dadurch weiterhin „nach EndoCert zertifziertes Endoprothetikzentrum“ nennen (seit 2014).

Im Vortrag ging es nun aber um die Frage: Sind Sport und Bewegung gut für Patienten mit Arthrose und Gelenkersatz oder eher nicht?

Dazu erklärte Dr. Vennemann, was Arthrose überhaupt ist:

Arthrose ist die häufigste Gelenkkrankheit und beschreibt den Zustand nach  Zerstörung der Knorpelschicht eines Gelenkes und die damit einhergehenden Knochenveränderungen.“ Dr. Vennemann verwendet hierzu unter anderem das Bild eines abgefahrenen Autoreifens, das den Verschleiß eines Gelenks im Lauf eines Lebens darstellt.

Und wie entsteht Arthrose?

Hier nannte Dr. Vennemann einige Beispiele:

  • Beinfehlstellungen (X-Beine, O-Beine)
  • Stopp’n‘-go-Sportarten (Tennis, Squash)
  • Zu viel Belastung (zum Beispiel im Sport oder bei der Arbeit)
  • Zu wenig Bewegung
  • Übergewicht

Wie wirkt sich Arthrose aus?

„Das Gelenk entzündet sich, schwillt an und schmerzt. Am häufigsten betroffen sind Knie, Hüften und Hände, aber auch jedes andere Gelenk kann erkranken.“ Sprich, die Betroffenen sind oft stark eingeschränkt und die Lebensqualität leidet darunter.

Therapieziele bei Arthrose sind laut Dr. Vennemann daher eine stadiengerechte, individuelle Behandlung, die Reduktion/Beseitigung der Beschwerden und Schmerzen, die Verbesserung der Beweglichkeit und Mobilität, die Steigerung der Kraft, die Wiederherstellung der Gelenk-Funktion, die Vermeidung von Folgeschäden sowie der Erhalt der Lebensqualität.

Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten:

  1. Die symptomatische Behandlung
  • Bei Arthrose in der Schulter sollten sogenannte Überkopftätigkeiten sowie Schwung- und Stützbewegungen vermieden werden.
  • Eine Gewichtsreduktion kann bei Arthrose in Knie und Hüfte helfen.
  • Krankengymnastik und oder physikalische Therapie sind weitere wichtige Bestandteile der symptomatischen Behandlung, ebenso wie Koordinationstraining.
  • Bei Arthrose am Knie sind zudem Bandagen und Orthesen möglich.
  • Vennemann empfiehlt zudem eine kontinuierliche Übungsbehandlung bezüglich Kraft, Ausdauer und Flexibilität, die zur Verbesserung der Funktionalität des Gelenks führen kann.
  1. Reicht die symptomatische Therapie nicht aus, gibt es die Möglichkeit der medikamentösen Therapie:
  • Schmerzmittel/antientzündliche Medikamente (NSAR)
  • Nahrungsergänzungsmittel wie Glucosamin und Chondroitin

(z. B. Dona-S®, Orthomol „Arthroplus“ ®)

  • Infiltrationen mit Kortison
  • Hyaluronsäure („Gleitmittelverbesserer“), Lubricin/Proteoglykan
  • Eigenbluttherapie (PRP)
  1. Operative Therapie

Auch die verschiedenen Möglichkeiten der operativen Therapie zeigte Dr. Vennemann auf:

Gelenkspiegelung

  • Knorpelglättung
  • Refixation herausgesprengter Anteile
  • Knorpelersatzverfahren

Umstellungsoperationen

  • Achskorrektur bei jüngeren Patienten
  • nur in Anfangsstadien der Arthrose möglich

Gelenkersatz (Endoprothetik)

  • bei fortgeschrittenem Gelenkverschleiß
  • in jedem Alter möglich
  • verschiedene Verfahren in Abhängigkeit von
    individuellen Anforderungen/Bedürfnissen

… und was hat das nun alles mit Bewegung zu tun?

Die beschriebenen Veränderungen des Knorpels gehen häufig mit einer Degeneration der Muskulatur einher. Minderungen der Kraft, aber auch Veränderungen der motorischen Eigenschaften führen zu Störungen der Koordinationsfähigkeit.

Sind Sport und Bewegung also bei Arthrose sinnvoll?

Dazu gibt es von Dr. Vennemann ein klares Ja, denn:

  • der Knorpel braucht Bewegung zur Ernährung
  • die Bewegung erhält und kräftigt die Muskulatur
  • die Bewegung trainiert das Herz-Kreislaufsystem
  • die Bewegung kann die Gelenkbeweglichkeit erhalten

„Ziele des Sports sind dabei Schmerzlinderung, Funktionserhaltung bzw. Funktionsverbesserung, positive psychologische Effekte wie Ablenkung von Schmerz und Motivation zur Bewegung.“

Also gilt laut Dr. Vennemann der Leitsatz: „use it or loose it“
(zu deutsch: „Nutze die Gelenke, sonst verlierst du sie“)

Weitere Tipps:

  • Gelenke nicht überbelasten
  • Gleichförmige Bewegungen
  • Keine schnellen Richtungswechsel
  • Keine Stop’n’go-Sportarten (lieber Schwimmen, Radfahren etc.)
  • Erhalten der Beweglichkeit z.B. durch Dehnen
  • Keine Dauerbelastung, also Pausen einlegen

Auch erläuterte Dr. Vennemann die vier Säulen der Allgemeinen Trainingslehre für Patienten mit Gelenkersatz und/oder Arthrose, die da lauten:

– Kraft, Kraftausdauer

– Ausdauer

– Beweglichkeit und

– Koordination

  1. Kraft, Kraftausdauer
  • Kraftausdauer steht im Vordergrund
  • Training nach der Intervallmethode (3 Sätze, 15 WH oder 30 sec. Belastung/Satz, 30 sec. Pause zwischen den Sätzen)
  1. Ausdauer
  • Dauer mind. 30 min, mittlere Intensität
  • Nordic Walking
  • Radfahren
  • Schwimmen
  1. Beweglichkeit
  • Dehnen (3 Sätze: je 30 Sekunden Dehnung und 15 Sekunden Pause)
  • Faszientraining: Die Faszien werden dadurch geschmeidiger und beweglicher
  1. Koordination
  • Die Fähigkeit schwierige Bewegungsabläufe zu erlernen und schnell situativ zu reagieren
  • Zusammenspiel aller Sinnesorgane
  • Die beste Sturzprophylaxe im Alter

Wichtig ist auch das präoperative Training (siehe vier Säulen oben): Vor einer Gelenkersatzoperation führt es zu einer verbesserten Gelenkfunktion und -kraft mit verringertem postoperativen Rehabilitationsbedarf.

Allgemeine Empfehlungen des Arztes zu den Sportarten für Menschen mit Gelenkersatz:

  • Sportartenspezifische Risiken beachten (z.B. bei Kontakt- oder high-impact-Sportarten)
  • Angepasstes Aufbautraining in enger Absprache mit dem Operateur
  • Wettkampfsport erst nach entsprechendem Aufbautraining und nach Rücksprache
  • Erwartungen an sich selbst anpassen
  • Wechsel zu weniger riskanten Sportarten erwägen

Fazit von Dr. Vennemann:

„Die Entscheidung, welcher Sport bei Arthrose und Gelenkersatz sinnvoll ist, ist ebenso individuell zu sehen wie die behandlung der Verschleißerkrankung an sich.“

Sprechzeiten und Kontakt

EndoProthetikZentrum Landsberg
Leiter Dr. med. Steffen Vennemann
EPZ-Koordinatorin Dr. med. Ann Kathrin Schnetkamp

Sprechzeiten:
Mittwoch von 9 bis 14 Uhr
und Donnerstag von 9 bis 15 Uhr nach telefonischer Terminvergabe

Terminvereinbarung über:
Cornelia Wahl und Priska Häring (chirurgische Ambulanz)
Tel: 08191-333 1875
Fax: 08191-333 197 1070
E-Mail: chirurgie@klinikum-landsberg.de
Bgm.-Dr.Hartmann-Str. 50
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